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Geschichte der Stralsunder Straßenbahn
Stralsunder Gasversorgung bis 1992
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Von der Ölspaltanlage zur Bezinspaltung

In der zweiten Hälfte der 50-iger Jahre wurde das Vorhaben für den Aufbau einer Ölspaltanlage in Stralsund vorbereitet. Entscheidungsgrundlage für diese Vorhaben bildete die Grundkonzeption Gasversorgung des Nordraumes der DDR die im Dezember 1957 durch die Hauptverteilung-Gas Berlin bestätigt wurde.

Diese Grundkonzeption war durch den stark ansteigenden Gasbedarf in den Nordbezirken und durch die unzureichende Kapazität der vielen kleinen Gaswerke, die einen hohen Verschleißgrad zeigten und nicht mehr ausbaufähig waren, entstanden. Eine stabile Verbundversorgung wurde erforderlich. Die Grundkonzeption Gasversorgung des Nordraumes der DDR enthielt deshalb neben dem Aufbau der Ölspaltanlagen in Rostock und Stralsund die Schaffung eines regionalen Verbundsystems, das später mit dem Verbundsystem der DDR vereinigt werden sollte.
Sie beinhaltete weiterhin die Stilllegung von 18 kleinen Gaswerken in den Nordbezirken. Das geplante Vorhaben wurde zum zentralen Schwerpunktvorhaben und stand unter direkter Kontrolle durch die Staatliche Plankommission beim Ministerrat.

Die Erarbeitung des Vorprojektes erfolgte von 1957 bis zum April 1958. Der Aufbau der Gaserzeugungsanlage, bestehend aus den Ölspaltlinien und einigen Nebenanlagen, erfolgte durch die Firma Didier Essen, das nach einer englischen Lizenz, nach dem Seegas-Verfahren, entstanden ist. Dieses Verfahren zur thermisch-katalytischen Niederdruckspaltung von schwerem Heizöl war damals modern und wurde in der ganzen Welt angewendet. Die Errichtung aller weiteren Nebenanlagen wie Gasverdichtung, Gasaufbereitung und weiterer Anlagen erfolgte durch Betriebe der DDR.

Die Bauleitung des Gesamtvorhabens lag in der Verantwortung der Energieversorgung Rostock. Oberbauleiter wurde Herr Reischmann, der sich um das Gelingen des Vorhabens verdient machte.

Baubeginn war der 1. Mai 1958 mit dem 1. Bauabschnitt. Begonnen wurde mit der Errichtung des Sozialgebäudes auf dem Gelände des Gaswerkes. Im Juli 1960 war der Kühlturm fertig gestellt und am 01.12.1960 erfolgte die Aufnahme des Probebetriebes der ölgefeuerten Dampferzeuger.

 

Modelbau der Ölspaltanlage



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Trotz des erhöhten Gasangebotes auch für die Stadt Stralsund ging die Ära der Gastraßenbeleuchtung in Stralsund langsam zu Ende. Das Anzünden per Hand verursachte einen immer größeren Aufwand und teilweise wurden die Laternen schon gar nicht mehr ausgeschaltet. Auch der Aufwand für die Reparatur und Wartung stieg, da die Ersatzeilbeschaffung für die alten Laternen immer schwieriger wurde. Die Elektrische Straßenbeleuchtung war nicht zuletzt durch das Entstehen der neuen Wohngebiete in der Knieper- und Tribseer Vorstadt dabei, die Gasbeleuchtung abzulösen.

Als letzter großer Kandelaber wurde der Kandelaber am Bahnhofsvorplatz im Zuge der Verbreiterung des Tribseer Damm als Transitstraße demontiert. Der Rückbau der kleineren Laternen und die Umstellung auf elektrische Beleuchtung war am 08.09 1969 abgeschlossen.

In der Friedrich Naumann-Straße wurde die letzte mit Gas betriebene Straßenlaterne ausgeschaltet.


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Die neue Generation der Gaserzeugung hatte sich in Stralsund durchgesetzt. Der zweite Bauabschnitt, der Aufbau der Ölspaltlinien 3 und 4 mit allen weiteren erforderlichen Nebenanlagen wurde im Oktober 1961 begonnen. Am 01.10.1964 wurde dieser Bauabschnitt mit der Inbetriebnahme der Ölspaltlinien 3 und 4 sowie den Rohgasverdichtern 3 und 4 zum Probebetrieb abgeschlossen.
Am 07.10.1964 wurde die Ferngasleitung 93, aus Rostock kommend in Betrieb genommen und im Dezember 1964 wurde das laufend wachsende regionale Ferngasleitungsnetz mit dem überregionalen Ferngasleitungssystem verbunden.
Die Versorgung des Nordraumes der DDR und damit auch der ständig sich erweiternden Stadt Stralsund war damit gesichert und besaß damit die seit langem angestrebte Stabilität.

 

Bau der Ölspaltanlage - Im Vorgerund die Linie 1 und 2 Links die Schwefelreinigung. Im Hintergrund das alte Ofenhaus



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Die Stabilität der vorhandene Gaserzeugungskapazität konnte in Stralsund gut genutzt werden Die Einwohnerzahl in Stralsund wuchs ständig:
Folgende Zahlen können dieses unterlegen:

Jahr Einwohnerzahl
1900 31.076
1925 39.469
1946 50.000
1960 65.758
1964 70.000

Umfangreicher Wohnungsneubau in Knieper Nord und später in Knieper West machte dieses Anwachsen der Einwohnerzahl möglich. 1955 wurde die erste Mitteldruckleitung seit Kriegsende errichtet. Diese Mitteldruckleitung wurde am Tribseer Damm Ecke Barther Straße eingebunden und führt durch die Alte Rostocker Str. zur Regelstation Jaromarstr. Die überaus schlechten Druckverhältnisse in diesem Gebiet mussten beseitigt werden, da durch intensive Bebauung in der Jaromarstraße und Elisabethweg, sowie der Eigenheimsiedlung bis zum Groß Lüdershäger Weg ständig neue Gaskunden hinzukamen. Mit dem Bau der Mitteldruckleitung wurde der Startschuss gegeben, in Stralsund ein größeres Mitteldrucknetz zu errichten.
Durch den verstärkten Wohnungsneubau in Knieper Nord ab 1956 und der 1959 eingeführten Blockbauweise in der Prohnerstraße, begannen in der Knieper Vorstadt großzügige Netzerweiterungen des Niederdrucknetzes. Voraussetzung dafür war der Bau einer weiteren Mitteldruckleitung, die aus der schon seit 1925 vorhandenen Mitteldruckleitung am Knieperdamm abzweigte und über die Kleine Parower Str. zum Kosegartenweg führte. Diese Maßnahme war für 1957 beschlossene Sache. Im Kosegartenweg wurde in der Nähe der Ruine des Gebäudes Prohnerstr. 13 eine massive Reglerstation errichtet. Das Gebäude war relativ klein gehalten und hatte eine quadratische Grundfläche mit einem Flächeninhalt von etwa 45 m⊃2;. Die gleiche Bauart fand auch schon Anwendung bei den Stationen Jaromarstraße und Tribseer Damm. Als Besonderheit muss erwähnt werden, dass durch den Stationsneubau am Tribseer Damm die alte Regleranlage, die in einem Blechkasten untergebracht und einer Litfasssäule ähnlich sah, nicht mehr benötigt wurde. Sie entsprach auch schon lange nicht mehr den technischen Gegebenheiten. In der alten Station waren nur der Regler und drei Schieber untergebracht. Sicherheitseinrichtungen, wie wir sie heute als Standard kennen, gab es nicht

 

Das Öltanklager - Typisch war der Karo-Anstrich rot/weiß



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Das Mitteldrucknetz hatte die Aufgabe vorhandene Engpässe im Niederdrucknetz auszugleichen. Ein dezentrales Einspeisen in das Stralsunder Niederdrucknetz aus der regionalen Hochdruckleitung war bis 1969 nicht möglich. Die Versorgung erfolgte nach wie vor nur direkt aus der Ölspaltanlage über das Uhrenhaus. Dort wurden die
3 Stadtleitungen (zweimal Niederdruck und einmal Mitteldruck) gespeist. Der 4000 Kubikmeter Gasbehälter hatte zwar die Aufgabe des Taktausgleichbehälters für die Ölspaltanlage übernommen, aber der 10.000 Kubikmeter Gasbehälter diente nach wie vor für die Stadtdruckregegelung.
Die Druckprobleme in Knieper Nord wurden aber immer größer. Der Wohnungsbau und die damit verbundene moderne Ausstattung mit Gasdurchlauferhitzer und Gasherde, ließ den Gasverbrauch sprunghaft ansteigen. Die Mitteldruckversorgung musste stabilisiert und verbessert werden, damit die Niederdruckversorgung der Kunden gewährleistet wurde.
Die Reglerstation im Kosegartenweg wurde 1966 vergrößert. Es entstand ein neues Gebäude, dass in seinen Maßen das alte Gebäude um mehr als das Doppelte übertraf. Es wurde eine zweistufige Regleranlage mit nachgeschaltetem Niederdruckfeinregler eingebaut. Diese Anlage war bis zur Erdgasumstellung in Betrieb und wurde dann durch eine neue kompakte Anlage ersetzt. Auch das Gebäude in der Brunnenaue wurde durch eine Neubau, ähnlich des Gebäudes Kosegartenweg ersetzt und bekam eine einschienige, zweistufige Regleranlage, analog der im Kosegartenweg. Parallel dazu wurde eine Mitteldruckstichleitung bis nach KERMI gelegt um die neuen Kaffeeröstanlage, die aus der Bundesrepublik importiert wurden, mit Gas zu versorgen. Die Kaffeerösterei hatte am Gebäude eine eigenständige Regleranlage in einem Blechschrank, die nur der Versorgung dieser Firma diente. Diese Mitteldruckleitung ist zur Erdgasumstellung getrennt worden, da die Firma KERMI die Produktion eingestellt hatte.

 

Das Ofenhaus wird abgerissen - Nach anfänglichen Parallelbetrieb mit der ÖSA wurde das alte Gaswerk stillgelegt und später bagerissen. Dort wurde später die Verdichterstation 2 errichtet.



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Die alte Gussmitteldruckleitung in der Bahnhofstraße, die ja 1925 von Niederdruck auf Mitteldruck umgestellt wurde, ist durch eine Stahlleitung mit der Nennweite 200 ausgetauscht worden. Damit und durch den Umbau der Reglerstationen wurde die Grundlage geschaffen, den Einspeisedruck in das Mitteldrucknetz bis auf ein 1 bar zu erhöhen. Trotzdem reichten diese Maßnahmen nicht aus. In den Wintermonaten, besonders an Wochenenden kam es zu einem akuten Druckabfall im Mitteldrucknetz in der Station Kosegartenweg. Die Sicherheitsschnellschlussventile schlossen oftmals durch zu geringen Vordruck. Deshalb wurde im Meisterbereich Stralsund ein spezieller Bereitschaftsdienst ins Leben gerufen, damit während der Mittagsspitzen die Station besetzt war und eventuelle Ausfälle vorgebeugt wurden. Besonders kritisch wurde die Situation mit dem Baubeginn in Knieper West.

 

Das neue Lager - Im Hintergrund das Oktaeder-Gebäude, dass mehr und mehr verfiel.



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Erst durch die zweite Hochdruckeinspeisung am Galgenberg, aus der damals noch mit 10 bar betriebenen regionalen Verbundnetzleitung nach Knieper West, wurde die Einspeisung in Stralsund 1969 verbessert. Die Hochdruckleitung hatte eine Länge von 4365 Meter und endete an der Reglerstation Knieper West. Dort wurden die 10 bar auf 15 mbar reduziert und der stabilen Niederdruckversorgung in Knieper West.
Als Übergangslösung bis zur Inbetriebnahme der Hochdruckleitung wurde in einem Vertrag zwischen der Energieversorgung Rostock und dem Rat des Bezirkes, Abteilung Hauptplanträger komplexer Wohnungsbau (HPT) am 7.11.1967 vereinbart, dass die HPT eine Mitteldruckleitung von etwa 1700 m Länge durch die Straße An den Bleichen bis zum Standort der zu bauenden Regleranlage nach Kneiper West baut. In der Nähe des Standortes wurde eine provisorische Druckregelanlage errichtet, die bis zur Fertigstellung der Hochdruckleitung und der Reglerstation als Provisorium diente. Diese Mitteldruckleitung ist nach Fertigstellung der Einspeisung in Kneiper West in den Grundmittelbestand der Energieversorgung übergegangen.

 

Gaszähler aus der Gaselan-Produktion



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Mit der Anhebung des Druckniveaus der Ferngasleitung von 10 auf 25 bar, war noch der Bau der Reglerstation Galgenberg wendig. In ummittelbarer Nähe der Ferngasleitung wurde diese Station errichtet und reduzierte den Druck von maximal 25 bar auf 10 bar.


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Die Grundkonzeption Gasversorgung des Nordraumes der DDR war im Wesentlichen realisiert, daher wurde 3. Bauabschnitt des Ausbaues der Ölspaltanlage Stralsund nicht mehr bestätigt. Mit dem Aufbau und der Inbetriebnahme der Ölspaltanlage wurden Ende der 50-iger Jahre und Anfang der 60-iger Jahre sehr viel neue Mitarbeiter eingestellt, da das alte klassische Steinkohlengaswerk noch bis zum Frühjahr 1963 weiterbetrieben wurde. Die Jugend dominierte in dem neu entstandenen Kollektiv und stand an der Spitze bei der Lösung schwierigster Aufgaben.

Zum Vergleich:

Mitte der 50-iger Jahre hatte das Gaswerk Stralsund bei einer maximalen Verfügbarkeit von 25000 Kubikmeter/Tag eine Belegschaft von 80 Beschäftigten mit einem Durchschnittsalter von fast 50 Jahren.
Mitte der 60-iger Jahre betrug die Verfügbarkeit der Ölspaltanlage Stralsund 240000 Kubikmeter/Tag. Die Belegschaft bestand aus 115 Beschäftigten mit einem Durchschnittsalter wenig über 30 Jahre.

 

Gaszähler aus Polen



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Das Kollektiv der Ölspaltanlage wurde durch eine gute Mischung junger und erfahrener Ingenieure und Meister geleitet. Rasch bildete sich eine gute Stammbelegschaft. Die Anlagen wurden von Jahr zu Jahr immer besser beherrscht. Seit 1964 galt die Ölspaltanlage Stralsund als einer der stabilsten Gaserzeuger im DDR-Maßstab. Nach den anfänglichen erheblichen Schwierigkeiten im Zeitraum 1962 bis 1963 wurde sie immer besser beherrscht, obgleich die Anlagen aufgrund des ständig steigenden und wachsenden Gasbedarfes von Bevölkerung und Industrie in den Nordbezirken immer mehr gefordert wurden.

Durch Einsatz des seit 1964 aus Miltzow/Reinkenhagen angelieferten Erdölbegleitgases konnte die Gasabgabe gesteigert werden.

Die Spaltung von schwerem Heizöl war zweifellos gegenüber dem Betrieb des alten klassischen Steinkohlengaswerkes in Stralsund ein gewaltiger Fortschritt. Schweres Heizöl war zu Beginn der 60-iger Jahre ein Abfallprodukt der chemischen Industrie. Es bestand dafür nur wenig Verwendung. Es gab wenige Abnehmer. Die Ölspaltanlagen waren bis Ende der 60-iger Jahre fast die ausschließlichen Abnehmer von schwerem Heizöl des Synthesewerkes Schwarzheide. Diese Situation änderte sich zu Beginn der 70-iger Jahre grundlegend. Aus dem Heizöl als Abfallprodukt war ein wertvoller Rohstoff geworden, der immer rarer wurde und auch als Exportartikel immer mehr an Bedeutung gewann. Diese Entwicklung hatte sich eigentlich schon Ende der 60-iger Jahre angedeutet, als der laufend wachsende Stadtgasbedarf zu neuen Überlegungen zwang, die Gaserzeugungskapazität in Stralsund zu steigern. Eine Anlagenerweiterung wurde ins Auge gefasst.

Inzwischen waren international neue und effektivere Technologien entwickelt worden. Ingenieure aus Rostock und Stralsund besuchten solche Anlagen in Ungarn und in der CSSR, um sie kennen zu lernen. Das Deutsche Brennstoffinstitut Freiberg wurde bei der Entwicklung der Technologie des Flüssiggasspaltens aktiv. Nacheinander wurden die Ölspaltanlagen Frankfurt/Oder, Rostock und Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) auf den Einsatz von Flüssiggas umgerüstet. Der neue Einsatzstoff brachte in den alten umgestellten Anlagen deutliche Kapazitätssteigerungen.

Der Vergleich der alten und der neuen Technologie machte nun die Nachteile der Ölspaltanlage sehr deutlich. Nicht nur die erkannten Nachteile der Ölspaltanlage, sondern vor allem die sich verändernde dargestellte Einsatzstofflage führte letztendlich zu der Entscheidung, die Anlagenkapazität in Stralsund durch den Neubau einer Flüssiggasspaltanlage zu erweitern. Eine Umrüstung der laufenden Ölspaltanlage auf Flüssiggas war zunächst noch nicht geplant. Die Ölspaltanlage wurde noch bis 1973 betrieben und produzierte somit 11 Jahre.

 

ÖSA - Erzeugung - Blick auf die Schalttafel der Gas-Erzeugung. Im Vorgerund Linie 1und 2



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Die Notwendigkeit einer Kapazitätserweiterung der Gaserzeugung in Stralsund zur Versorgung des Nordraumes der DDR immer zwingender. Die offizielle Anlaufberatung zum Vorhaben "Umbau der Ölspaltanlage Stralsund" fand 1968 in Rostock statt. Erste Auftragserteilungen zur Realisierung des bestehenden Vorhabens erfolgten im Januar 1964. In einem Ministerratsbeschluß vom 12.03.1969 wurde die Kapazitätserweiterung der Gaserzeugung in Stralsund bestätigt. Im Frühjahr 1969 wurde bekannt, dass die erst 1964 in Salzgitter errichtete Ölspaltanlage stillgelegt worden war. Nach ersten Verhandlungen mit der Salzgitter Hüttenwerk AG fand am 10.01.1969 eine Besichtigung der Ölspaltanlage Salzgitter statt.

Aus dieser Besichtigung ergab sich der Entschluss, die stillgelegten Anlagen in Salzgitter zu kaufen, zu demontieren und zwei Linien der Anlage in Stralsund und zwei in Magdeburg als umgerüstetes Verfahren, als Flüssiggasspaltanlagen, aufzubauen. Es war gelungen, die gesamte technische Dokumentation der Ölspaltanlage Salzgitter zu erwerben.

An Hand dieser Dokumentation wurde innerhalb von 14 Tagen ein Grundkonzept für den möglichen Einsatz der demontierten Anlage in Stralsund bzw. Magdeburg auf den Einsatz von Flüssiggas erarbeitet und es gelang das Deutsche Brennstoffinstitut in Freiberg zur Mitarbeit zu gewinnen. Von der ursprünglich für Stralsund vorgesehenen Version, die vorhandene Ölspaltanlage auf Flüssiggaseinsatz umzurüsten, wurde zunächst abgesehen. Am 23.05.1969 kam es zwischen der Salzgitter Hüttenwerke AG und der VVB Energieversorgung Berlin zum Abschluss des Kaufvertrages. Die Anlage in Salzgitter wurde zu einem Vereinbarungspreis erworben der unter 5% des Neuwertes der Anlage lag. Es galt, die Anlage in Salzgitter kurzfristig zu demontieren und nach Stralsund bzw. Magdeburg zu transportieren. Ab 28.05.1969 nahm die Demontageleitung ihre Arbeit in Salzgitter auf.

Für die Demontage wurden westdeutsche Firmen gewonnen. Parallel mit der Demontage nahm in Stralsund die Auftragsleitung ihre Arbeit auf. Die wesentlichen Ausrüstungen aus Salzgitter für die künftigen Linien 5 und 6 waren am 15.08.1969 in Stralsund eingetroffen. Der Transport erfolgte größtenteils auf dem Wasserweg und teilweise per Waggon. Die Bauvorbereitungen waren mittlerweile soweit vorangetrieben, dass am 03.08.1969 mit der Montage der ersten eingegangenen Teile für die Gaserzeugungslinien 5 und 6 begonnen werden konnte. Seit dem 04.08.1969, mit der Sprengung des Schornsteines des alten Gaswerkes, liefen auch die Bauarbeiten für die Errichtung der neuen Verdichterstation an.

 

Errichtung der Flüggiagsspaltung



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Die Anhebung des Druckniveaus von maximal 10 bar auf maximal 25 bar war für die Abförderung der künftig mit den zusätzlichen neuen Anlagen produzierten Gasmengen unbedingt erforderlich. Der gewachsene Gasbedarf in den 3 Nordbezirken erforderte zur Sicherung der Versorgung die Erhöhung des Druckniveaus in der Ferngasleitung. Damit wurde auch die Speicherkapazität der Ferngasleitung erhöht.

Nach endgültigem Abschluss der Montagearbeiten an der neuen Verdichterstation betrug die Abförderkapazität des Werkes 38 000 Kubikmeter pro Stunde bei 25 bar Anlagendruck.

 

Steuerbock Linie 5 - Die volldydraulische Steueranlage der Gaserzeugungs-Linie 5- Hier wurden alle erforderliche Schieber und Ventilbewegung, die für die getaktete Gaserzeugung notwndig waren zeitabhängig gesteuert.



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Während des Stillstandes 1969 wurde der stark korrodierte 10 000 Kubikmeter Gasbehälter, der als Taktausgleichbehälter dienen sollte, einer umfangreichen Generalreparatur unterzogen und das Hofrohrsystem wurde erweitert. und am 01.11.1969 gab die Flüssiggasanlage ihre ersten Gasmengen ab.
Nach der Erweiterung war die Abgabeleistung von 220 000Kubikmeter pro Tag auf 750.000 Kubikmeter pro Tag gestiegen.

Ein wesentlicher Abschnitt der Entwicklung des Werkes war vollendet. Es war in 5 Monaten eine zur Gasversorgung des Nordraumes bedeutende Anlage geschaffen worden.
Die neue Technologie der Gaserzeugung aus Flüssiggas bewies in den nächsten Wochen und Monaten ihre Vorteile.

 

Der 10.000 Kubikmeter Gasbehälter - Mit Errichtung der Flüssiggasspaltanlage diente der Behälter nur noch als Taktausgleichsbehälter. da die Gaserzeugung ein dikontinuierlicher Prozess war mußt das Gas zwischengepuffert werden, um für die Verdichter eine konstanten Gasstrom liefern zu können.



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Ein weiterer wesentlicher Anlagenkomplex, der neu errichtet werden musste, war das Flüssiggastanklager. Aus Sicherheitsgründen wurde der Standort für das Flüssiggastanklager außerhalb der Stadt verlegt. Dazu bot sich ein Gelände zwischen Miltzow und Reinkenhagen an. Die Erschließung des neuen Tanklagers war an diesem Standort relativ leicht möglich.

Der Bau einer Flüssiggasfernleitung von Miltzow nach Stralsund war 1969 nicht mehr möglich. Die 1964 errichtete Leitung für Erdölbegleitgas wurde 1969 bis zur Fertigstellung der neuen Flüssiggasfernleitung vorübergehend für die Flüssiggasförderung nach Stralsund genutzt. Die Flüssiggasfernleitung mit einer Länge von 17 km wurde im Oktober 1970 in Betrieb genommen.

 

Flüssiggas-Tanklager Miltzow



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Weitere Überlegungen waren, die Linien der Ölspaltanlage für den Einsatz von Flüssiggas oder, wie sich zu diesem Zeitpunkt anbot, auf Siedegrenzbenzin umzurüsten. Eine mögliche Umstellung, so wurde eingeschätzt, wäre mit relativ niedrigen Kosten verbunden.

Die Grundsatzentscheidung für den Umbau der Ölspaltanlage wurde am 08.02.1973 gefällt. Der Umbau sollte in zwei Etappen stattfinden. In der ersten Etappe, die es im Stillstand 1973 zu realisieren galt, war der Umbau von zwei Linien der Ölspaltanlage und die Errichtung der erforderlichen Nebenanlagen geplant.

In der zweiten Etappe, im Stillstand 1974, war die Umrüstung einer weiteren Linie der Ölspaltanlage vorgesehen. Am 03.03.1973 wurde die Stralsunder Ölspaltanlage nach über 11-jähriger Betriebszeit stillgelegt und für die Umrüstungsarbeiten vorbereitet

 

Deckblatt der Grundsatzentscheidung



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Siedegrenzenbenzin galt in der chemischen Industrie zu diesem Zeitpunkt als Abfallprodukt. Seine Nutzung anstelle von Flüssiggas wurde deshalb erwogen. Erste Abstimmungen über den möglichen Benzineinsatz fanden 1971 zwischen Vertretern des EKN und dem DBI Freiberg statt.

Daraus ergab sich die Durchführung eines großtechnischen Benzinspaltversuches in der Spaltanlage Rostock. Der Versuch brachte recht positive Ergebnisse. Umfangreiche Umrüstungen und Veränderungen an den Linien 3 und 4 waren nötig. Die maximale Gasabgabekapazität des Ingenieurbereiches Spaltanlagen Stralsund wurde damit zu Beginn des Winterbetriebes 1974/75 durch die Gasfortleitungskapazität vonKubikmeter/d bestimmt.

Die umgerüstete Linie 2 stellte somit eine Reservekapzität dar. Die maximale Stadtgasabgabe des Jahres 1974 mit 980 200 Kubikmeter wurde am 14.02.1974 erreicht. Mit der Inbetriebnahme der Linie 2 im Dezember 1974 war eine weitere wichtige Etappe des Werkes abgeschlossen

 

Linie 5/6 - Von der Schwefelreinigung konnte man sehr gut den Kühler und den Schornstein der Flüssiggaslinie 5/6 erkennen.



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Die 70-iger Jahre nach dem Abschluss der Rekonstruktion der Ölspaltanlage wurden gekennzeichnet durch:

den ständig wachsenden Gasbedarf im Nordraum der DDR und immer höhere Leistungsanforderungen an die Spaltanlage Stralsund
das ständige Bemühen um höhere Effektivität der Anlage
das Bemühen um den wirtschaftlichen Einsatz der Einsatzstoffe und Energieträger
das Bemühen, eine hohe Stabilität und Verfügbarkeit der Anlagen zu erreichen.

Wurden 1973 noch 90,6 Millionen Kubikmeter Gas produziert, so mussten 1975 schon 136,6 Millionen Kubikmeter Stadtgas abgegeben werden. Es galt deshalb, die Kapazität der Anlagen mit geringstem Aufwand weiter zu erhöhen. Die Spaltanlage wurde in diesen Jahren in den Wintermonaten immer stärker gefordert.


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Der Spielraum für weitere Anwendungen im Gasbereich, insbesondere im Haushaltsbereich wurde immer weiter eingeschränkt. Das zeigte sich z.b darin, dass die erteilten Genehmigungen zum Betreiben einer Gasheizung ständig weniger wurden.

Für Gaskessel wurden diese Genehmigungen nur noch auf wenige Ausnahmen eingeschränkt, da sowohl die Gaskesselproduktion überhaupt nicht dem Bedarf entsprach, sowie auch die Gasproduktionskapazität schon längst nicht mehr ausreichte. Für Gas-Außenwandheizer wurde pro Wohnung oft nur ein Heizkörper zugelassen, und dann auch nur, wenn die Möglichkeit der Heizung mittels fester Brennstoffe nicht mehr möglich war. Aber auch netztechnische Probleme in Stralsund selbst waren oft die Ursache für das Versagen einer Genehmigung zum Betreiben einer Gasheizung.

Deshalb wurden in der Gasverteilung in Stralsund neue Schwerpunkte für die Rekonstruktionen ganzer Straßenzüge gesetzt. Nachdem in den 60-er Jahren schon einmal ein Sanierungsprogramm aufgelegt wurde sind jetzt größere Dimensionen erneuert worden. Unter anderem wurden die Gasleitungen in der Gartenstr., in der Fritz-Reuter-Str., in der Großen Parower Str., in der Spielhagenstr. und in der Friedrich-Engels-Str. erneuert.

Interessant sind die Reko-Maßnahmen mit Einsatz von PVC Leitungen. Solche Leitungen wurden im Knieperwall, in der Tessinstr. verlegt. Auch in der Wolfgang-Heinze-Str. wurde eine PVC Leitung verlegt. Hier wurden zum Teil auch die Hausanschlüsse in PVC verlegt. 1975 waren insgesamt 2599 m PVC Leitungen verlegt. Eine Einschätzung ergab, dass die Verlegung von PVC-Leitungen ein erhebliches Risiko darstellt. Deshalb wurde auf den weiteren Einbau von PVC in der Zukunft verzichtet.


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Ein wichtiger Schwerpunkt war der Bau der 3. Einspeisung im Jahre 1974. Neben der Einspeisung aus dem Netz vom Verbundnetz in der Spaltanlage und dem Galgenberg, wurde die 3. Einspeisung an der Feldstraße errichtet.

Die Verbundnetz Hochdruckleitung wurde am Schieberkreuz Paschenbergbrücke eingebunden und bis kurz vor dem Damaschkeweg geführt. Vorausgegangen waren zahllose Verhandlungen zwischen verschiedenen Vertretern der Stadt Stralsund, des Energiekombinates und des Verbundnetzes.

Der Grund für die Errichtung der 3.Einspeisung war das Bauvorhaben Schulkomplex Tribseer Vorstadt. Neben der vorhandenen Schule in der Jaromarstraße war geplant eine weitere 26-Klassen Schule mit Sporthalle und einen Kindergarten zu errichten. Die Kohlenheizung im alten Schulgebäude sollte auf Stadtgas umgerüstet werden und den Neubaukomplex versorgen.
Die HAG (Hauptauftragnehmer Wohnungs- und Gesellschaftsbau) erteilte dem Energiekombinat am 28.01.1972 den Auftrag für eine Untersuchung der Möglichkeit der Gasversorgung für dieses Vorhaben. In erster Instanz wurde dieses Vorhaben abgelehnt, da die abgeforderte Leistung nicht aus dem vorhandenen Mitteldrucknetz abgefordert werden konnte. Im März fand dann nochmals eine Beratung statt, mit dem Ziel doch noch eine Möglichkeit der Gasversorgung für diesen Schulkomplex zu finden. Immerhin sollten 3,0 MW angeschlossen werden. Betrachtet wurde auch die Möglichkeit eine direkte Versorgung aus dem Verbundnetz zu realisieren. Diese Leitung sollte über die Wiesen (Jaromarstr.-Alte Richtenberger Str-Witzlwastr.-Kleiner Wiesenweg) auf den kürzesten Weg zur Schule führen. Dieser Trasse widersprach die Stadtplankommission und so wurde die Trasse Feldstr.-Carl-Heydemann-Ring-Alte Richtenberger Str. vorgeschlagen.


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Am 22.05.1973 wurde in einer Grundsatzentscheidung festgehalten, dass die Hochdruckleitung nur bis in die Feldstraße geführt wird, dort eine einschienige Regelung auf Mitteldruck erfolgt und eine Mitteldruckleitung bis zur vorhandenen Mitteldruckleitung in der Alten Richtenberg Str. geführt wird. An der Mitteldruckstation Jaromarstr. wird ein Abzweig bis zum Schulkpmplex geführt. An der Schule wird ein gebrauchter Niederdruckregelschrank aus Groß Lüsewitz aufgestellt.

Unter sehr komplizierten Umständen wurde diese Anlage gebaut und Ende 1974 in Betrieb genommen. Es zeigte sich jedoch sehr bald, dass der vorhandene alte Regelschrank an der Schule bei weitem den Anforderungen nicht standhielt. Eine Erweiterung durch den Schulneubau war schon gar nicht möglich, so dass viele Einzelmaßnahmen nötig waren, um bis 1975 die Kesselanlage in der Schule sicher betreiben zu können.

Aus dem Jahr 1977 liegt eine Netzzustandsanalyse vor, aus der hervorgeht, dass das Rohrnetz in Stralsund insgesamt 120.652 Meter beträgt. Damit hat sich die Rohrnetzlänge seit 1943 praktisch verdoppelt. Darin inbegriffen sind natürlich auch die Mitteldruck- und Hochdruckleitungen, die im Eigentum des Energiekombinates waren. Der Anteil an Gußleitungen betrug noch 23 %. Der Anteil aber nahm von Jahr zu Jahr, aufgrund umfangreicher Rekonstruktionen und Teilstillegungen immer weiter ab.
1978 kam es zu einer kompletten Neuordnung der Energieversorgungsstrukturen in den drei Nordbezirken der DDR.

Das Energiekombinat Nord wurde aufgelöst und durch drei bezirksgeleitete Energiekombinate ersetzt. Es entstand das Energiekombinat Rostock. Auch die untergeordneten Strukturen wurden verändert.

Es entstanden in mehreren Kreisstädten Energieversorgungsbetriebsteile des Kombinates. So entstand unter anderem der Betriebsteil Energieversorgung Stralsund. Innerhalb des Betriebsteiles wurden die Ingenieurbereiche eingerichtet. So entstanden unter anderem der IB Spaltanlagen, der IB Wärme und ein IB Gasverteilung. Der IB Wärme ging aus dem BT Erzeugung Ingenieurbereich Spaltanlage Stralsund hervor. Der IB Gasverteilung entstand aus dem BT Energieverteilung Rostock, IB Gasverteilung Greifswald.

Somit wurde die Gasverteilung wieder regional in Stralsund angesiedelt, obwohl weiterhin die Gasnetze Barth und Ribnitz von Stralsund aus weiter betreut wurden. Zusätzlich hatten diese Städte auch einen regionalen Meisterbereich.


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